Ziddelwandern - Wenn Ziddels Wandern

Die Herbstwanderung 2008
Ricos Bericht

von Rico
Die Göltzschtalbrücke
Die Göltzschtalbrücke
(f)Rico


Ein ganz besonderer Tag - das ging schon mit dem bislang frühesten Start einer Ziddelwanderung los. Mussten einzelne Teilnehmer schon kurz vor 5 Uhr aufstehen, genügte bei mir das Hieven aus den Federn um 6 Uhr. Dafür musste ich aber noch Brötchen und Kuchen backen, schliesslich war ich als Frühstücksverantwortlicher eingeteilt.

Die Herren Wandergenossen waren erwartungsgemäss vor der Zeit da, kompensierten diese Zumutung jedoch sogleich durch sehr aufmerksame und nette Gratulationen anlässlich meines Geburtstags sogar inkl. Geschenke, deren essbare Teile ich mir natürlich nicht nehmen liess, wörtlich zu nehmen und sie im Laufe des Tages ver-teilt-te. Also ein weltklasse Start der Tour, zumindest aus meiner Sicht.

Nach nur 90min Fahrt (die Verkehrsoptimierer waren nicht in die Anreiseplanung einbezogen worden, was offenbar sogleich zu Ungenauigkeiten führte) erreichten wir bereits das Vogtland, konkret den Parkplatz an der Göltzschtalbrücke. Auf der Hinfahrt wurden anlässlich des Jubiläums "11 bäsenfreie Jahre" kleine Schwänke und Schoten aus dem unendlichen Hefter dargeboten, der mit dem Ziddelpalaver im LfUG im Prinzip den kompletten Datenverkehr in rudimentären Kommunikationssystemen der damaligen Zeit darstellt.

Die Wanderpokalauswertung steht bevor...
Die Wanderpokalauswertung steht bevor...
...Rico geht schon der Hut hoch
(f)Udo


Direkt nach der Ankunft begann der härteste Teil. Nerven wie Drahtseile waren gefragt, die Wanderung forderte sofort den ganzen Mann. Allerdings nicht bei himmelschreienden Anstiegen oder himmelschreiend schlechter gastronomischer Planung, sondern es ging um die Auflösung des diesmaligen Wanderrätsels. Jensen hatte im Vorfeld von Dramatik gesprochen und hatte nicht zuviel behauptet. Sowohl Udo als auch ich wähnte sich mehrfach am Ziel aller Träume - dem Pokalgewinn -, nur um sogleich durch oberprasslige Fehler wieder vom Thron der Illusion hinabzustürzen.
Am Ende des langen Leidens hatte der Autor dieser Zeilen mit dem knappsten aller Vorsprünge die Nase vorn und konnte sich über einen silbrig glänzenden Pokal freuen, der darüber hinaus mit einer Riesenpackung Schokoflakes dotiert war. Aber auch der Zweitplatzierte wurde vom kinophilen Spender mit Trost-Preisen (Wortspiel!) geradezu überschüttet.

Der sichere Wanderpokalsieger der HW2008
Der sichere Wanderpokalsieger der HW2008
(f)Udo


Nach den üblichen Siegerfotos, Luft gemachter Freude und Enttäuschung, wüsten Androhungen bzgl. des nächsten Rätsels etc. konnte es dann gutgelaunt und von allem Ballast befreit (hier erwies sich das erstmals gewählte Transportmittel Auto als sehr günstig) losgehen. Die höchst impressive Göltzschtalbrücke forderte unsere ganze Aufmerksamkeit und unsere Atemluft, denn es ging steil bergauf.
Aus der Ferne stellten wir eine verdächtig starke Auslastung der Brücke fest, die von Zügen quasi im Minutentakt befahren wurde.

Schöner VT, vermutlich DB Regio AG, in Doppeltraktion
Schöner VT, vermutlich DB Regio AG, in Doppeltraktion
(f)Rico


Nach einem Ortsdurchmarsch durch Netzschkau erklommen wir sogleich den mir schmerzhaft in Erinnerung befindlichen milchgebenden Haufen alias Kuhberg. Hier wurden die uns allseits nasse Füsse bescherenden Wassermassen makroskopisch festgehalten für eine spätere Identifizierung. Das hielt uns jedoch vom Bestieg des Kuhbergs und seines namensgleichen Turms nicht lange halt. Versuchte der Kuhbergbaudenwirt zunächst noch, uns den Turmschlüssel durch Abwesenheit vorzuenthalten, ergab er sich dann doch der Macht des Kapitals, kassierte drei Euro und gewährte uns Zugang zu einem fantastischen novemberigen Rundblick.

Panorama vom Kuhbergturm
Panorama vom Kuhbergturm
(f)Rico


In der Folge kämpften die Wandergenossen jeder auf seine Weise mit der Technik - Udo hatte wie immer drei, vier Packs von Ersatzbatterien für das GPS dabei, Jens' Handy weigerte sich, eine Sekunde länger ohne Antwort-SMS an diverse Frauenbekanntschaften zu existieren und drohte den Systemabsturz an - sodass wir frisch-fröhlich eine Stelle kurz vor dem Abzweig nach Foschenroda, ach Quatsch, nach Netzschkau erreichten, an der es erstmals ernst wurde. Es handelte sich um eine spontan entstandene Treib-Matsch-Düne, die in anderen Ländern und in primitiveren Kulturen schon mehrfach Opfer gefordert hat. Nicht so bei uns, allerdings waren allerlei Mühen und Zeit nötig, um die gefährlichen, von Schilf überwucherten Matschspalten zu umschiffen.

In Limbach passierten wir den fantastischen Badesee inkl. Liegesee (kann der Wannsee einpacken) und zehrten zügig zum Zughalt, wo auch alsbald verschiedene Hochgeschwindigkeitstriebwagen der Vogtlandbahn um die Ecke fegten. Nach der ernsthaften Quotendiskussion (heute zum Thema "verkackte E-Mail-Programme") konnten wir bald wieder lustigen Unsinn reden, ohne dass sich jemand daran störte.

Nach Buchwald erreichten wir eine rüstige Raststelle direkt bei den Griebenherden (prähistorische Stinkersteine zur Gewinnung von Uhu-Derivaten) und siehe da, die Organisatoren der FW08 und der FW09 trugen denselben Gedanken bzw. Geschmack im Gepäck..das bedeutete doppelte Absinth-Pralinen-Rationen für alle! Vollgefressen und schwummrig vor Tatendrang, aber absolut sechsohrig marschierten wir weiter.

Nun erreichten wir ein weiteres Hochlicht der Wanderung, nämlich das heutige "Geocaching of the day", traumhaft gelegen an einer lausig zu erreichenden, alten und muffigen Höhle knapp über dem Wasserspiegel der Göltzsch. Ein wahres Vergnügen, die Goldgräberhöhle zu explorieren und auch noch kurz darauf in Augenhöhe des Geburtstagskinds hinter einem Steinchen versteckt den Cache zu finden. Udo übernahm die ehrenvolle Aufgabe, uns ins Logbuch einzutragen, und dann wanderten wir weiter entlang der Göltzsch.

Der Geocache nahe der Goldgräberhoehle
Der Geocache nahe der Goldgräberhoehle
(f)Rico


Einen kleinen Umweg bzw. eine Falschabbiegung sowie einen kleine Marsch später erreichten wir die Egersche Brücke sowie das Alaunwerk in Mühlwand. Wir informierten uns noch gründlicher als in der Vorbereitung über das Alaunit (bekannt aus dem vogtländischen Volkslied "Alaun, Alaun") und gingen schnell weiter zur Liegenden Falte. Hier erwies sich einmal mehr der hausgemachte Geograph der Truppe erneut als der am stärksten an Naturphänomen Interessierte, während die anderen Herren mit verschränkten Armen und einem Gesicht á la "Wann gehts weiter?" an der Strasse stehenblieben. Hier ist sicher noch Luft nach oben!

Kurz darauf passierten wir interessanterweise ehemalige Goldabbaugebiete auf einer weiten Wiese und interessanterweise komplett alles wiederkäuendes Damwild. Leider rief dieser evolutiv begeisternde Prozess bei einigen Mitwanderern hauptsächlich eine Mischung aus Faszination und Ekel (bekannt als Toleranz) hervor.
Nur wenige Wanderminuten danach pausierten und posierten wir am grossartig ins Land schauenden Hirschstein. Da ich mit den Kräften schon weit fortgeschritten war, versuchte ich unter dem Deckmantel der Grosszügigkeit meine verbliebenen Vorräte möglichst umfassend unter die Leute zu bringen, da es mir nicht gelang, sie unauffällig vom Hirschstein hinab in die Göltzsch zu schmeissen. Das gelang und brachte mir neben einem weitgehend leeren Rucksack zusätzlich Anerkennung und Lobpreisungen in der Wandergruppe zuteil. Wie ich schon sagte, ein wirklich gelungener Tag.

Drei Hirsche auf dem Ziddelstein...
Drei Hirsche auf dem Ziddelstein... ähh... andersrum
(f)Rico


Mylau erstaunte uns durch seine üppige Architektur und brünftig-protzige Kirche. Der Wohlstand vergangener Zeiten spiegelte sich weiterhin in mindestens einer Burg und zwei Eiscafes wider. Wir waren hin und weg. Leider erforderte die Zeit bzw. die nahende Dunkelheit zügiges Weiterlaufen. Es ging bergan. Einige schnauften (keine Namen hier, wir sind ja im WWW). Tapfererweise entschieden wir uns für den längeren Panoramaweg, der uns oberhalb Mylaus mit schönen Aussichten auf den Ort und später auf die Göltzschtalbrücke belohnte.

Der HWO mit seiner Brücke
Der HWO mit seiner Brücke
(f)Rico


Nach unserer Rückkehr auf dem Parkplatz labten wir uns an köstlichem Schöffenauer Preiselbeerbier..oder so ähnlich (Schleichwerbung!) und bewunderten die Züge, die wie auf der Modelleisenbahnplatte far, far away über eine hohe, hohe Brücke fuhren. Uns egal, wir starteten den Rückweg, nicht ohne in Reichenbach im besten Cafe der Stadt einen wohlverdienten Eisbecher zu geniessen und stoisch die bewundernden Blicke jugendlicher Reichenbacherinnen zu ertragen. Keine 2h später waren wir wieder daheim und so fand eine aus meiner Sicht goldige FW08 ihren Ausklang. Wie es in der SZ immer so schön heisst: Frisch auf und bis zum nächsten Mal!

Aaaaahhh .... !
Aaaaahhh .... !
(f)Rico